„Kinder brauchen mehr Zeit"

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Wenn die GaD-Schüler am Mittwochvormittag ihre Zeugnisse in den Händen halten und in die sechswöchigen Sommerferien entlassen werden, dann ist für das Schulleitungsteam rund im Rektor Zoran Josipovic noch immer Arbeit angesagt. Die Lehrerdeputate für das kommende Schuljahr sind zwar veröffentlicht, müssten aber noch angepasst werden, ebenso wie der Stundenplan. 

Überhaupt zeigt sich Josipovic zufrieden, wenn er auf das zurückliegende Schuljahr blickt.

Es sei „turbulent" zugegangen, aber im positiven Sinne. Denn erstmalig habe wieder alles stattfinden können, was durch die Corona-Pandemie ausgefallen war und wieder aufgebaut werden musste: Konzerte, Theateraufführungen, Ausflüge, Landschulheimaufenthalte, Frankreich- und USA-Austausch sowie sämtliche außerschulische Veranstaltungen.

Projekttage sowie das anschließende Schulfest hätten zu Beginn eine gute Atmosphäre geschaffen, die das gesamte Schuljahr über geblieben sei.

Wenngleich die weltpolitische Lage, allen voran der Ukraine-Krieg, auch in der Schule stets präsent und Thema im Unterricht sei. Dabei gebe es viele vorgefertigte Meinungen, bedauert Josipovic, der im fünften Jahr Schulleiter am Gymnasium am Deutenberg ist.

Was die Corona-Pandemie betrifft, spüre man weiterhin an den schulischen Leistungen manch eines Schülers die Nachwirkungen, gebe es doch noch immer viele Wiederholer.

Das Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind", für das eine

Lehrkraft speziell eingestellt ist, sei bis Ende des Jahres verlängert.

Wenn es um die schulischen Leistungen geht, so ist Zoran Josipovic froh, dass die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) für das Schuljahr 25/26 ansteht - wenngleich bis dahin noch vieles geklärt und organisiert werden müsste.

„Kinder brauchen einfach mehr Zeit", findet er, auch mit Blick auf mögliche Hobbys am Nachmittag. „Ich bin auf jeden Fall fürs Vertiefen und Wiederholen", plädiert der GaD-Schulleiter - wenngleich er befürchtet, dass G9 für die Schüler keine Entlastung, sondern eine zusätzliche Aufladung an Stoff bedeutet. Dabei müsse man vor allem in der Mittelstufe von der Belastung runtergehen, findet er. Auch für die Grundschulempfehlung, die wieder eingeführt werden soll, ist Josipovic ein großer Verfechter.

Bewusst sehr geräuschlos wurde am Gymnasium am Deutenberg im zurückliegenden Schuljahr übrigens richtige Pionierarbeit geleistet: Seit einem Jahr nämlich wird hier islamischer Religionsunterricht (IRU) angeboten - auf Anfrage des Regierungspräsidiums Freiburg, das zwei von zwölf Lehrkräften, die das Fach derzeit in Baden-Württemberg unterrichten, nach Schwenningen schicken wollte. Anfangs sei man skeptisch gewesen, gibt Josipovic zu, der inzwischen überzeugt vom Konzept ist.

Ganz wichtig sei die interkulturelle Kompetenz und der wissenschaftliche Ansatz, mit dem die Lehrerinnen unterrichten, sowie die Tatsache, dass das Angebot aus staatlicher Hand komme. „Ich schätze das Expertentum“, sagt er.

Dina Melzer sowie ihre Kollegin Elif Cevirme haben an der Hochschule in Tübingen studiert und das Seminar in Stuttgart besucht. Neben IRU unterrichtet Cevirme Deutsch und Englisch, Melzer Deutsch.

Konnten die Schüler zuvor zwischen evangelischem und katholischen Religionsunterricht sowie Ethik wählen, kommt seit einem Jahr islamischer Religionsunterricht hinzu. Diesen haben im vergangenen Schuljahr 24 Schüler aus den fünften Klassen, und - im Vergleich - zwölf Schüler aus den neunten Klassen besucht - und tatsächlich nicht ausschließlich Muslime.

„Wir konnten die Schüler gut auffangen", blickt Dina Melzer, die in Agypten geboren ist und seit Kindheit mit ihrer Familie in Deutschland lebt, zurück. Sie sieht ihre Funktion darin, mit einem wissenschaftlichen, und nicht emotional-ideologischen Ansatz die Schüler zu begleiten, aufzuklären und zu zeigen, wie man die Kultur und den Koran „modern leben kann". Dabei sei die Elternarbeit ganz wichtig. „Ich möchte vermitteln, dass manche Sachen ganz normal und vom Koran nicht vorgeschrieben sind." Beispiel: die Teilnahme am Schwimmunterricht. Langfristig werde man durch das erweiterte Angebot beim Religionsunterricht einen Vorteil haben, ist sich Schulleiter Josipovic sicher. Und er betont: „Es ist ein Teil des Ganzen und spiegelt die Bevölkerungsstruktur in Schwenningen wider".

Mit einem positiven Gefühl blickt er Richtung September:

Mit 105 Prozent Lehrerbesetzung werde man ins Schuljahr 2024/25 starten können. Durch das sogenannte Ausschreibungsverfahren Ländlicher Raum werde das Schwenninger Gymnasium, das derzeit 840 Schüler besuchen und an dem 70 Lehrer unterrichten, fünf neue Lehrkräfte hinzubekommen. Nachdem die fünfte Jahrgangsstufe im zurückliegenden Schuljahr fünfzügig war, wird es jetzt wieder vier Klassen geben.

Auf der Agenda zu Schuljahresbeginn steht die Vorstellung eines neuen Leitbildes, das zwischen Schülern, Lehrern und Eltern erarbeitet wurde. Zudem plant der GaD-Freundeskreis im Innenhof der Schule ein sogenanntes grünes Klassenzimmer. Und es steht wieder einmal ein Jubiläum ins Haus: Im nächsten Jahr hat das Gymnasium sein 60-jähriges Bestehen. Ob und in welcher Form der Geburtstag gefeiert wird, das möchte der Schulleiter jetzt noch nicht verraten.

 

Ein Bericht von Mareike Kratt im Schwarzwälder Boten vom 24. Juli 2024.

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