Beratungsangebot macht Schule

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Mit dem Projekt „Kopf hoch - Du schaffst das!" hat das Gymnasium am Deutenberg im Zuge des Schulwettbewerbs der Sparkasse und der Neckarquelle im vorletzten Jahr den ersten Jurypreis gewonnen und dadurch die Stelle einer Schulpsychologin finanzieren können.

Mit Petra Brenneisen-Kubon, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychatrie und -psychotherapie in Rente, haben die Initiatoren rund um die Schulsozialarbeiter Monika Kern und Jens Trapp sowie Schulleiter Zoran Josipovic eine erfahrene Kraft gewonnen, die einmal pro Woche vor Ort ist.

Die beiden Schulsozialarbeiter hatten das Projekt ins Leben gerufen, um Schüler schneller in professionelle Beratung zu bringen, wie sie im Gespräch mit unserer Redaktion berichten. „Wir haben gemerkt, wie rasant die psychischen Probleme bei Schülern zunehmen", erklärt Monika Kern. Mit dazu beigetragen habe die Corona-Pandemie, aber auch die Nutzung der digitalen Medien vonseiten der Schüler, die zur (falschen) Wissensaneignung über psychologische Erkrankungen führten. „Wir sind hier an unsere Grenzen gekommen", macht die Schulsozialarbeiterin deutlich. Mit der neuen Beratungsstelle habe man eine bewusste Abgrenzung schaffen wollen.

Die Schule habe mehrere Psychologen im Kreis angeschrieben. Petra Brenneisen-Kubon, die mehr als zwanzig Jahre lang in ihrer eigenen Praxis in Villingen Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen behandelt hat, habe sich bereit erklärt und bietet seit Anfang des neuen Schuljahres jeden Mittagnachmittag von 13 bis 15 Uhr eine offene Sprechstunde an. Mit im niederschwelligen Angebot hat sie nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch Tipps und Hilfestellungen fur die betroffenen Schüler.

Die Psychologin nennt es Beratung oder Coaching. „Ich mache keine Therapie", betont sie. Vielmehr lautet ihr Ratschlag: „Probleme selber in die Hand nehmen, für sich selber sorgen und Fürsorge übernehmen."

Was Petra Brennneisen-Kubon zudem ermöglicht, ist die Vermittlung von Therapieplätzen - in der Hoffnung, dass es bei den sonst so langen Wartezeiten vielleicht ein bisschen schneller geht. Und an wen richtet sich das Beratungsangebot?

„Es kann jeder hingehen!" lädt die Psychologin ein - im Bewusstsein, dass der Schritt, das Angebot tatsächlich zu nutzen, „mutig" ist, wie sie sagt. Manchmal werde daher der beste Freund oder die beste Freundin mitgenommen.

Doch sitzt ein Schüler dann Petra Brenneisen-Kubon gegenüber, ist das Mitteilungsedürfnis groß. „Die Schule ist ein Spiegel der Gesellschaft", sagt sie in Bezug auf die Beweggründe und Probleme der Schüler. Und die sind vielfältig: Teilweise schulischer Natur, dahinter kämen oft familiäre Sachen hervor, zum Beispiel beengte Wohnverhältnisse.

Und dann ist da natürlich das Thema Digitalisierung und damit verbunden die Tatsache, „ständig verfügbar sein zu müssen". Auch der Umgang mit den sozialen Medien, mit denen die Schüler oftmals überfordert seien und keine Möglichkeit hätten, sich auszutauschen, habe Auswirkungen auf die junge Psyche. Auch das Thema Geschlechtsidentität würde derzeit durch Plattformen wie TikTok verstärkt aufkommen, ergänzt Schulsozialarbeiter Jens Trapp.

„Die Schüler schleppen viel mit sich herum und es ist wichtig, sie ernst zu nehmen." Nicht nur ernst, sondern auch Zeit nimmt Petra Brenneisen-Kubon sich. Für zwei bis drei Schüler pro Nachmittag habe sie ein offenes Ohr. Und das Angebot wird von Anfang an rege angenommen - mehr als erwartet.

Wichtig ist der Psychologin zu betonen, dass ihr Angebot die Schulsozialarbeit keinesfalls ersetzen, sondern ausbauen soll. So sind längerfristig übergreifende Gruppenprojekte geplant, weil sich manche Bereiche überschneiden.

Ein großer Wunsch sei in Erfüllung gegangen, zeigt sich Schulleiter Zoran Josipovic indes überaus glücklich über das neue niederschwellige Beratungsangebot, das über Homepage, schulinternem Newsletter sowie Schülervollversammlung gestreut wurde. Die Arbeit sei sehr wertvoll für das Schwenninger Gymnasium - und hoffentlich bald auch für andere Schulen. Denn was am GaD als Pilotprojekt eingeführt worden und bisher einzigartig in der Doppelstadt ist, soll interdisziplinär ausgeweitet werden. „Wir hoffen, dass es bald überall strukturell implementiert wird", sagt Josipovic.

Und die Chancen stehen nicht schlecht: Denn auch Landes-Kultusministerin Theresa Schopper habe von Anfang an großes Interesse am Projekt gezeigt und sich daran beteiligt. Auch Petra Brenneisen-Kubon wünscht sich, dass es interdisziplinär genutzt wird: „Man kann ganz viel auffangen."

 

Ein Bericht von Mareike Kratt im Schwarzwälder Boten vom 15.11.2024

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