Aus dem Rahmen

Ein ungewöhnlicher Ort, eine faszinierende Auseinandersetzung: Angehende Abiturienten der Deutsch-Leistungskurse des Gymnasiums am Deutenberg tauchten im Uhrenindustriemuseum tief in Georg Büchners "Woyzeck" ein. Dabei nahmen sie allerdings den Weg über die bildende Kunst, denn die Stadt und die Städtische Galerie sind im Besitz der „Woyzeck“-Pastelle des Künstlers Werner Gothein. 

Gothein, dessen Werke während der Nazi-Diktatur als „entartet“ diffamiert wurden, fand mit Pastellen zu Büchners „Woyzeck“ 1918 seinen eigenen Stil. Die Schülerinnen und Schüler des GaD hatten jetzt zum letzten Mal die einzigartige Gelegenheit, Gotheins Woyzeck-Pastelle aus nächster Nähe und ohne Rahmung zu betrachten und sie in Beziehung zu setzen zu dem, was sie gelesen und im Unterricht über den literarischen Text besprochen hatten. 

Dies war Galerieleiter Stephan Rößler besonders, dass die Schülerinnen und Schüler die Originalwerke auch wirklich hautnah erleben konnten, also ohne die gewohnten Rahmungen der Städtischen Galerie: Mit weißen Handschuhen ausgestattet durften die Schülerinnen und Schüler die Pastelle deshalb sogar berühren. In Gruppen widmeten sie sich der Beschreibung, Einordnung und Interpretation der Abbildungen.

Im großen Plenum wurden die Ergebnisse der einzelnen Werke der Reihe dann zusammengeführt. Dabei erkannten die Schülerinnen und Schüler im Gespräch mit Rößler den Zugang, den Gothein gewählt hatte: Oft in engen Räumen und mit viel Symbolik arbeiten die auf den ersten Blick vielleicht eher einfach gehaltenen Pastelle. So wurden den Schülerinnen und Schülern die einzelnen Szenen noch einmal deutlich, vor allem auch in Abgrenzung zu einer Theaterinszenierung, die sie in der Vorwoche gesehen hatten und die einen ganz anderen Fokus auf das Dramanfragment gelegt hatte. 

Der Kontakt zur Galerie und Galerieleiter Stephan Rößler kam durch die Vermittlung des Freundeskreises Kultur Villingen-Schwenningen zustande. 

Hoffentlich war diese innovative Form der Kunstvermittlung zwischen den Künsten auch ein Vorgeschmack auf Projekte im hoffentlich nicht eingedampften Museumsquartier Bürk-Areal.

Denn insgesamt bot der Workshop den angehenden Abiturienten ein einzigartiges Erlebnis, das weit über den traditionellen Rahmen hinausging und ihre Verbindung zu Büchners „Woyzeck“ auf eine lebendige und inspirierende Weise vertiefte.

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